Tuesday, November 11, 2008

Paketverschicken leicht gemacht

Heute wieder eine Lektion:
Aus dem Leben gegriffen oder Paketverschicken leicht gemacht


Nun gibt es doch in Indien tatsächlich Dinge, die gibt es in Deutschland nicht. Jaja, es gibt natürlich eine Menge Dinge hier, die es in Deutschland nie geben würde. Aber ich meine jetzt weniger Ereignisse, Verhaltensweisen etc., sondern ganz konkret Produkte. So bat mich eine Bekannte aus Berlin, ihr Produkte der Firma Himalaya zu schicken. Sie ist eine bekennende Indienliebhaberin und ein ebenso großer Fan homöopathischer Medizin, oder aryuvedischer Medizin. Diese besorgte ich ihr nun also und das Ganze musste noch Deutschland verschickt werden. Das gab mir zum ersten Mal die Möglichkeit, das ganze Vergnügen des Paketverschickens voll auszukosten.
Zunächst besorgte ich mir beim Tante Emma Laden um die Ecke einen Karton. Den musste ich passgerecht zusammenbasteln, damit auch nichts wackelt und doch alles sicher verpackt ist. Anschließend fuhr ich mein Paketchen zum Malviya Nagar Market, wo die WG einen Schneider des Vertrauens hat - Shaheet.



Wie zu sehen, bekam Shaheet die Aufgabe, das Paket in Stoff einzunähen. Erst wurde eine Bahn mit der tollen Nostalgika-Nähmaschine genäht, und dann wurde die Seiten mit Hilfe einer Riesennadeln und Zwirn angepasst. Der ganze Spaß kostete INR 50 inklusive Stoff (also weniger als einen Euro).


Zurück zu Hause musste ich dann die Nähte mit Siegelwachs versiegeln. Das war eine schweinische Arbeit! Drei-, viermal stand Wachs und Stoff in Flammen. Ich sah schon das ganze Haus abbrennen wegen dieser Aktion. Aber alles ging im Endeffekt gut und wie man sehen kann, war das Päckchen am Ende doppelt und dreifach gesichert.




Dann bin ich damit zur Post marschiert. Ich bin tatsächlich gelaufen, weil es ein schöner Tag war und die Post eigentlich gleich um die Ecke sein sollte. Leider habe ich sie aber beim ersten Versuch nicht finden können. Deshalb bin ich erst auf den Markt und habe für einen Freund Wäsche aus der Wäscherei geholt. Mit drei großen Tüten plus Päckchen beladen bin ich dann wieder zurück und siehe da, dank Schleichweg stieß ich dann doch auf die Post, die sehr unscheinbar in einer Seitenstraße liegt. Erstaunlicherweise war in der Post gut was los. Also reihte ich mich ein und wartete brav. Als ich eine Viertelstunde später endlich dran war, machte mich der Postbeamte darauf aufmerksam, dass gar keine Adresse draufstünde. Sagt einem ja auch keiner, wie es genau gemacht werden soll. Die Etiketten, die sie drucken, sind anscheinend nicht für Pakete geeignet. Er hieß mich also die Adresse raufschreiben, aber "Sorry, Madame. No pen!" Da wurde ich langsam ganz schon angefressen. Denn dummerweise hatte ich keinen Stift bei. Der Männer in der Schlange sahen mitleidig zu mir. Irgendeiner sagte zum anderen, dass man Madame vielleicht helfen sollte. Schließlich bin ich zu einem anderen Schalterbeamten und siehe da, man hatte doch einen Stift. Also habe ich die Adresse draufgemalt und habe mich wieder in die Schlange eingereiht.

Mittlerweile hatte es einen Schichtwechsel gegeben. Der Herr, der jetzt hinter der Scheibe saß, war a) sehr unfreundlich und hatte es b) überhaupt nicht eilig. Lieber schlürfte er alle zehn Sekunden an seinem Tee anstatt mal in die Tasten zu hauen. So verging bestimmt noch einmal eine Viertelstunde, bis ich wieder dran war. Und auch dieses Mal wurde ich mein Paket nicht los, denn ich hatte nicht genügend Geld. Der ganze Spaß kostete fast 1000 Rs. (mehr als der Wert des Inhalts) und mit soviel hatte ich nicht gerechnet. Vor mich hin meckernd klemmte ich mir meine Tüten samt Paket unter den Arm und stapfte nach Hause. Dort lud im mein Portemonnaie auf und radelte wieder zurück zur Post. Glücklicherweise war die Schlange inzwischen fast abgearbeitet, sodass ich das Päckchen endlich loswerden konnte.

Als ich übrigens vor ein paar Tagen auf der Post wieder mal etwas aufzugeben hatte, machte mich doch ein anderer netter Beamter darauf aufmerksam, dass ich mich als Frau nicht in die lange, von rechts kommende Schlange einreihen müsse, sondern mich einfach links hinter die einzig noch wartende Frau stellen könne. So verkürzte sich die Wartezeit enorm. Ich hatte von dieser vorteilhaften Geschlechtersegregation schon gelesen und sie auch schon einmal am eigenen Leib erfahren (beim Busfahrkartenkauf in Dehradun), aber als gut erzogene Deutsche drängelt frau sich dennoch nicht einfach unaufgefordert vor. Was im Übrigen meinem Copy-Wallah des Vertrauens gegenüber einem anderen Kunden einmal zu der Bemerkung verleitete: "Madame is always so patient". Naja, aber "Madame's patience" kann auch schnell eine Grenze erreichen...

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