Wednesday, November 11, 2009

Ganz alltägliche Korruption

Letzte Woche saß ich mit Freunden mal wieder bei einem abendlichen "Chai", als ein Polizist das Café betrat. Das ist an sich nichts Besonderes, denn die Polizei ist allen Ortes präsent und trinkt auch ab und zu mal einen Kaffee. Der Polizei kam und ging jedoch ohne Kaffee in der Hand. Er stand mit seinem Kollegen eine Weile vor dem Markt und wurde merklich ungeduldig. Er spazierte wieder in das Café, als ich gerade bezahlen wollte. So bekam ich eine eifrige Diskussion zwischen dem Polizisten und dem Angestellten hinter dem Tresen mit. Letzterer war bemüht höflich und freundlich zu bleiben, während der Polizist selbst immer grimmiger dreinschaute. Da alles auf Hindi ausdiskutiert wurde, verstand ich natürlich nur Bahnhof. Als der Polizist endlich weg war, wollte ich aber wissen, was los war. Es stellte sich heraus, dass der Polizist gekommen war, um sich einen kostenlosen Kaffee abzuholen, den man ihn aber zu seiner Überraschung verweigerte. Nicht den Kaffee per se, sondern vor allem das "Umsonst". Das fand der Beschützer von Staatswegen nun reichlich unverständlich, schließlich würden er und sein Kollege den Leuten hier doch helfen und seien bei Problemen zur Stelle. Als Danke könne man ihm nun doch wohl einen Kaffee spendieren. In allen anderen Läden rund um den Markt würde man seine Großherzigkeit jedenfalls gebührend belohnen. Bei Barista stieß er aber an diesem Abend auf (berechtigterweise) taube Ohren. Der Angestellte bemerkte (mir gegenüber) richtig, dass es schließlich seine Aufgabe als Polizist sei zu helfen. Polizisten zeichen sich hier in der Regel weder durch Humanismus noch besonders große Menschenliebe aus, sondern eher dadurch, dass sie versuchen ihr mickriges Gehalt aufzustocken. Das muss nicht auch noch mit einem kostenlos Kaffee belohnt werden.

Thursday, October 29, 2009

Diwali 2009

Ich bin ein wenig überrascht, dass ich an dieser Stelle nicht schon letztes Jahr über Diwali berichtet habe. So möchte ich die Bilder mit einigen zusätzlichen Worten einleiten.
Diwali ist das, wie mir scheint, wichtigste Hindu-Fest im Jahr. Es ist das Lichterfest. Im Grunde ist es eine Kombination aus Weihnachten und Silvester im deutschen Sinne, denn Diwali ist ein Familienfest, es gibt eine Puja (einen Gottesdienst), Geschenke und in der Nacht Feuerwerk.
Wie es im großen indischen Epos, dem "Ramayana", erzählt wird, ist Diwali der Tag, an dem Ram mit Sita nach 14Jahren im Exil nach Ayodhya (in UP) zurückkehrt. Der Legende nach haben an diesem Tag alle Menschen im Ort ihre Häuser beleuchtet, sodass das Paar seinen Weg nach Hause finden konnte. Diwali folgt stets auf Dushera und wird im Oktober oder November gefeiert (der genaue Termin richtet sich wieder nach dem Mondkalender).

Kerze an einem Bus.

Wie im letzten Jahr war ich bei Nanus Familie eingeladen.Hier sind die Vorbereitungen für die Puja zu sehen, das Sonnenrad bestehend aus vielen kleinen Öllämpchen, Gebetsspruch an der Wand sowie "Essen für die Götter".


Chichi und Eshu, die jüngsten in der Runde, hier noch etwas gelangweilt, später extrem aufgekratzt.

Anzünden der Kerzen.

Puja. Chichi war der "Pandit-ji" an diesem Abend, der die Lieder besonders eifrig sang.

Kamlesh, Nanus ältere Schwester, aka "Didi"


Anna und Nanu


Die Damenrunde: Didi, Anna, Aunty (Nanus Mama), die Frau des älteren Bruders

Hier die ganze Runde: Nanu hinter seiner Mama, rechts daneben Lala, der ältere Bruder, und seine Frau, davor Didi, Chichi, Eshu und Adil.

Auffüllen der Kerzen.


Eingangsbemalung.

Und dann ging das Feuerwerk los...

... und alle sind außer Rand und Band ...

Chichi, der Feuerteufel

Häuserzeile in Khirki Extension, gleich um die Ecke, wo Nanus Familie lebt

Am Sonntag nach Diwali waren Anna, Didi und ich noch auf dem Markt, um uns jeweils ein Mehndi (Bemalung mit Henna) machen zu lassen.


Der Sieg des Guten über das Böse - Dushera

Dushera ist eines der vielen Hindu-Feste, die über das Jahr verteilt in Indien begangen werden. Dushera wird im September oder Oktober (es wird nach dem Mondkalender bestimmt) begangen. Gefeiert wird der Sieg von Ram über den Bösewicht Ravana, der Rams Frau Sita nach Sri Lanka entführt hatte. Mit Hilfe seines Brudes Lakshman und dem Affengott Hanuman (wenn ich mich richtig erinnere, bilden die Affen eine Brücke zwischen Indien und Sri Lanka, sodass Ram über das Wasser kommt) findet Ram Ravana und tötet ihn mit einem Pfeilschuss in dessen Bauchnabel, wodurch ihm die Unsterblichkeit genommen wird (erinnert ein wenig an den beinahe unverwundbaren Siegfried). Sita und Ram kehren nach 14 Jahren im Exil in ihre Heimat zurück.


Der Sieg des Guten über das Böse wird symbolisch in der Verbrennung von riesigen Pappmaché-Puppen nachgestellt. Diese stellen Ravana (in der Mitte) und seine Brüder dar.
Im Folgenden einige Impressionen des Tages, wie er in Sheikh Sarai, Phase 1, begangen wurde.





Das Ende des Festumzugs


Die Brandmeister bei der Vorbesprechung





Der Brandmeister legt Feuer im Fuße der Puppen, die für Showeffekte mit Feuerwerk ausgestattet waren.

Fünf Minuten später alles in Rauch und Asche. Die Umwelt sagt Danke!

Was bleibt ...






Wie man sehen kann, habe ich schon lange keine Kamera mehr in der Hand gehabt. Das Verfolgen des Spektakels ist deshalb nur mit geneigtem Haupte möglich. Vielleicht wird so jedoch eine veränderte Perspektive auf das Gesehene ermöglicht.

Saturday, September 19, 2009

Let me tell you a story


Die Geschichte geht so:

Am Mittwochabend ging ich zum Geburtstagsgeschenkbummel in die Mall in Saket. Nachdem alle Geschenke eingetütet waren, wollte ich noch schnell fürs Abendbrot einkaufen. Bei Food Bazar gab ich mein letztes Bargeld für Gemüse aus und machte mich dann auf die Suche nach Hackfleisch. Dafür wurde ich in den anderen Teil der Supermall geschickt, da sich dort ein großer Le Marché - Supermarkt mit Frischetheke befindet. Beim Betreten des Ladens musste ich alle Tüten und Beutel beim Guard abgeben. Ich bin der festen Überzeugung, dass sich in einem der Beutel auch mein Portmonnaie befand, das ich nicht mitnehmen wollte, da ich ja kein Geld mehr hatte. Für das Fleisch zahlte meine Begleitung. Anschließend fuhr ich heim, legte alle Beutel ab, kochte, aß und ging ins Bett.

Am nächsten Morgen wollte ich zum Obstwallah, um fürs Frühstück einzukaufen. Beim Griff in meine Tasche fing plötzlich mein Herz an, kräftiger zu schlagen. Denn nirgends, weder in der Tasche selbst noch in der sich darin befindenden "Renate", konnte ich mein Portmonnaie ertasten oder gar erblicken.


Ich suchte das ganze Zimmer ab, drehte jedes Buch, jedes Kissen um, lüftete alle Bettlaken, selbst im Kühlschrank zwischen den Gemüseresten suchte ich - man weiß ja nie. Nichts! Keine Spur vom Portmonnaie. Langsam stieg die Panik. Also rief ich bei Le Marché an, ob man dort mein Portmonnaie gesehen hätte. Wieder kein Erfolg. Aber der Manager würde sich noch mal melden. Tat er natürlich nicht. Deshalb ging ich Donnerstagnachmittag zurück in alle Läden und fragte nach Fundsachen. Im Le Marché war ich dann so dreist und beschuldigte explizit implizit (oder umgekehrt...) den Guard, weil mir jede andere Erklärung so unlogisch und unmöglich vorkam.
Antwort: "But Mam, we don't take things from our customer."
Ja, wer's glaubt, wird selig.
Beim Rausgehen hörte ich noch, wie die diensthabende Wachdienstlerin meinte, man könne doch die Kameras überprüfen. Ich drehte mich um, aber der Filialverantwortliche schüttelte nur den Kopf. Am Abend ging ich in indisch-männlicher Begleitung zurück zum Laden und fragte genau danach:

Könne man nicht die Kameraaufnahmen zu Aufklärungszwecken einsehen?
Der Manager war einverstanden, während der Filialverantwortliche mit aufgerissenen Augen daneben stand. Beide verschwanden für zehn Minuten und kamen dann mit der Entschuldigung zurück:
"Sorry, but the system is not working. We can't see anything."
Mmmh, Ihre Kameras funktionieren also nicht?
"No no, cameras are working, but the computer is not."
Aber es wird versprochen, das zu beheben und sich Freitag mit Ergebnissen zu melden. Natürlich meldete sich niemand. Als ich am Nachmittag anrief, war der Manager in einem Meeting und nicht zu sprechen.

Mittlerweile hatte ich beschlossen, dass es besser wäre meine Visakarte, der einzig wertvolle Gegenstand im Portmonnaie, sperren zu lassen. Ich hatte bereits das gesamte Guthaben wegtransferiert, aber nur bei einer Sperrung würde ich eine neue Karte bekommen.

Heute morgen dann klingelte der Postmann und brachte eine Urlaubskarte für Frau Anna und einen weißen Umschlag für Frau Karen.


Nach dem Öffnen dieses Umschlags hielt ich plötzlich den Inhalt meines Portmonnaies in der Hand!


Alles da, minus die 50Rs., die vielleicht noch an Bargeld drin gewesen waren. Meine Überraschung hätte nicht größer sein können. Nun wollte ich wissen, woher der Umschlag kam, wer ihn geschickt hatte. Auf dem Umschlag stand die Adresse vom Chief Post Master, allerdings durchgestrichen.


Auf der Post in Malviya Nagar erfuhr ich schließlich nach mehrmaligem Nachfragen, Gestikulieren von allen Seiten und Radebrechen in Hinglish, dass der Umschlag von eben jenem Postamt in Malviya Nagar an mich geschickt worden war. Beim Rausgehen sprach mich dann ein Postbeamter auf Englisch an und meinte, er hätte den Umschlag gestern fertig gemacht. Man hätte den Inhalt meines Portmonnaie, zu einem Päckchen zusammengeschnürt, im Postkasten gefunden. Das übliche Vorgehen nach Diebstählen. Was der Dieb nicht braucht, überlässt er der Post. Da glücklicherweise mein Schwimmausweis meine Adresse beinhaltete, landete alles tatsächlich wieder bei mir, abzüglich eben jener wenigen Rupees und meines Lederportmonnaies.

Dumm ist nur, dass sich die Visakarte nicht entsperren lässt. Nun muss ich geduldig auf die Ersatzkarte warten, was die Bargeldbeschaffung erheblich erschwert. Aber nun gut. Sind wir froh und meckern nicht!


Das war die Geschichte vom gestohlenen Portmonnaie.

Und was ist die Moral von der Geschicht'?

Auch nach einem Jahr im Land darf man nicht leichtsinnig und gutgläubig sein und muss immer alle Dinge an der Frau tragen und die Kreditkarte am besten zu Hause lassen.

Ende gut, (fast) alles gut.

Tuesday, September 15, 2009

Guck mal da!

http://grs.du.ac.in/facultyStaff/faculty/Karen_Genz.html

Jetzt gibt es mich auch mit professionellem Profil im Internet, als Lehrkraft im Department of German and Romance Studies der Delhi University.

Thursday, September 3, 2009

Noch ein Geburtstag in Indien - Saalgira mubarak!

Um Mitternacht bekam ich einen Chocolate Truffle Cake - delicious!
Saalgira mubarak!


Ein Teil der Schokolade wurde - ganz der verwestlicht-indischen Tradition entsprechend - für gesichtsverschönernde Maßnahmen verwendet. Den Rest musste ich an meine Gäste verfüttern.


Ein ganz besonderes Geburtstagsgeschenk - happy birthday, me!
Ein Kinobesuch mit Johnny Depp am Nachmittag.

Nach Kaffee und Kuchen ging's zur zehnminütigen Tretbootfahrt am Purana Quila, inklusive Geburtstagsgrüße-Shooting für das kanadische Geburtstagskind ...

Zehn Minuten Boot treten später ...

Dinner im Sidewok am Khan Market in kleiner Runde



... und wieder ein Jahr älter! Wer hätte das gedacht ...