Wednesday, September 24, 2008

Susi Fahrradklingel

Letzte Woche war es nun endlich soweit: nachdem ich schon lange davon geredet hatte, habe ich am Mittwoch Worte zu Taten werden lassen und habe mir ein Fahrrad gekauft. Ein All-Indian Bicycle der Marke Hero. Allerdings ist es gar nicht so all-Indian, wie euch auf Bild 4 auffallen wird, deshalb sehe ich es vielmehr als mein Indo-European Bicycle, the best of everything.
Jedenfalls fährt es sich sehr gut, auch ohne jede Gangschaltung. Diese Woche bin ich immer fleißig zur Uni geradelt, hin und zurück jeweils etwa 45 Minuten, je nachdem wie viel Stau auf der Outer Ringroad herrschte. Da es hier keine Fahrradwege gibt, muss frau mit dem Verkehr mitradeln. Und das geht besser als ich gedacht habe. Gut, es gab auch schon zwei kleine Zwischenfälle: am Montag hat mich ein Scooter-Fahrer leicht angerempelt, weil er der Meinung war, sich zwischen mir und dem LKW durchquetschen zu müssen, und da ich mit soviel Blödheit bzw. Dreistigkeit nicht gerechnet habe, war ich nicht geistesgegenwärtig genug, nach links Platz zu machen. Dienstag ist mir ein Bus, der links abbiegen wollte, sehr nahe gekommen, während ich mit dem Rest des Verkehrs aufs Rechts-Abbiegen wartete. Mir ist dann prompt ein unschöner Ausdruck gen Busfahrer entfleucht, der allgemeines Gelächter um mich herum verursachte. Ein Straßenjunge, der gerade versuchte, mir einen Stadtplan zu verkaufen, guckte mich mit großen Augen an. Als der Busfahrer anhielt und die Tür öffnete, um sich aufzuregen, dass man ihm nicht genug Platz mache, beschimpfte ihn jener kleine Junge lautstark. Mir schien, er wollte sich in meinem Namen beschweren, und diese Geste war unglaublich süß. Am Montag hatte ich an derselben Kreuzung eine ganze Schar Straßenkinder angezogen, die erst anfingen zu betteln, dann aber nacheinander meine Fahrradklingel zum Klingeln brachten und sich diebisch darüber freuten. Einem Mädchen fiel dann auf, dass mein einer Schuh kaputt war. Sie nickte und guckte gleichzeitig ganz mitleidig, als ich meinte: "Bad shoes." Dann signalisierte sie mir, ich solle doch mit angehobenem Vorderrad, quasi wie auf einem Motorrad, anfahren.
Überhaupt erntet man als weiße Frau auf dem Fahrrad, so mitten im Stadtverkehr, allerhand neugierige, amüsierte und begeisterte Blicke, vor allem von den Männern, denn bisher habe ich noch keine andere Frau im Straßenverkehr auf einem Fahrrad und nur wenige auf einem Moped gesehen. Ebenfalls am Dienstag tauchte z.B. neben mir plötzlich ein Motorrad auf. Der Fahrer drehte sich zu mir, grinste breit und zeigte mir den erhobenen Daumen. Ich war stolz wie Bolle!
Es gab aber auch schon eine Begebenheit, die mich wieder einmal arg an der Männerwelt zweifeln ließ. Ein männlicher Mitradeler konnte es partout nicht ertragen, dass ich schneller fahren sollte als er. Kaum war ich auf Augenhöhe mit ihm und wollte überholen, trat er umso kräftiger in die Pedale, bis er wieder vor mir war. Das ging ein paar Mal hin und her, bis ich es genau wissen wollte. Ich radelte so schnell ich konnte an ihm vorbei und behielt das Tempo eine Weile bei. Und tatsächlich bemühte er sich wieder, mich zu überholen. Männer! Ich habe ihn dann ziehen lassen, es war mir dann doch zu blöd, dieses Spiel noch weiter zu spielen.
Auf jeden Fall macht das Fahrradfahren viel Spaß, und es trägt unglaublich dazu bei, sich in der Stadt zugehörig zu fühlen. Und es wird hoffentlich dazu beitragen, meine Ortskenntnis zu erweitern. Denn an Orientierung fehlt es mir sehr häufig immer noch...




All-Indian Bike mit Latest German Paint Technology!

Sunday, September 14, 2008

5 Bombenexplosionen in Delhi (13.9.2008)

Nachdem ich letzte Woche aufgrund meines extrem "appellativen" Zustandes keine interessanten Neuigkeiten für euch hatte, ist auch das, was ich heute zu berichten habe, alles andere als erfreulich.
Gestern gab es am frühen Abend (zwischen 18.10 und 18.40) fünf Bombenexplosionen, zwei auf einem Markt in Karol Bagh, zwei am Connaught Place (CP) und eine weitere in Greater Kailash 1 (GK 1) am M-Block Market. Mindestens 20 Menschen sind dabei ums Leben gekommen, um die 100 Leute wurden verletzt. Die Angaben in den Medien sind unterschiedlich. Die "Indian Muhajideen", die auch für die Anschläge in Bangalore und Ahmedabad im Juli verantwortlich waren, haben sich zu den Explosionen bekannt.
Mir ist nichts passiert und zum Glück auch niemandem, den ich in Delhi kenne. Allerdings hätte es auch anders ausgehen können, denn ich habe CP nur 10 Minuten, bevor es die erste Explosion gab, verlassen. Ich war mit Freunden unterwegs, um mir Hotels anzuschauen. Die ursprüngliche Idee war auch, nach Karol Bagh zu fahren, doch es war schon relativ spät. Wir haben von den Explosionen über Freunde erfahren, die uns anriefen, als wir gerade auf dem Weg nach GK 1 waren, wo wir weitere Hotels begutachten wollten. Das haben wir dann ausfallen lassen. Ich finde die Übereinstimmung zwischen unserer Route und den Bombenexplosionen sehr auffallend... Dennoch habe ich mich gestern nicht so sehr in meiner Sicherheit bedroht gefühlt, sondern es hat mich viel mehr wütend gemacht, zum einen da die Gründe für diese Anschläge immer diffuser zu werden scheinen (der 13.9. hat keinerlei historische Bedeutung, anders der 15.8., als man mit Anschlägen rechnete) und zum anderen weil sie bedeuten, dass die Bewegungsfreiheit jedes einzelnen noch weiter eingeschränkt wird. Man durfte schon bisher nicht nach Mitternacht zu Fuß unterwegs sein oder zumindest muss man damit rechnen, von der Polizei nach Hause geschickt zu werden; es gibt seit jeher nachts Polizeisperren und Polizeikontrollen auf allen großen Straßen; Restaurants und Clubs schließen spätestens zwischen 1 und 2 Uhr ebenfalls - zumindest offiziell - aus Sicherheitsgründen. Das alles kann jetzt noch verschärft werden. Die Polizisten an der Straßensperre bei mir um die Ecke waren gestern nacht zwar wie immer gut gelaunt und nicht gerade übereifrig, aber sie trugen nun offen Waffen.